Nur jede 4. bis 6. Eizelle ist in der Lage, sich zu einem entwicklungsfähigen Embryo, der zu einer intakten Schwangerschaft führt, zu entwickeln. Hauptgrund für embryonale Entwicklungsstörungen sind genetische Fehler der Eizelle. Die Identifizierung und Auswahl der entwicklungsfähigen Embryonen für den Transfer ist somit entscheidend für die Erfolgaussichten einer künstlichen Befruchtung.
Bei normaler und zeitgerechter Entwicklung hat sich fünf Tage nach der Eizellgewinnung bereits eine Höhle im Embryo gebildet. Dieses Entwicklungsstadium des Embryos wird deshalb auch Blastozyste genannt. In diesem Stadium erreicht der Embryo natürlicherweise nach seiner Wanderung durch den Eileiter die Gebärmutterhöhle. Damit ist durch den Transfer am Tag 5 oder 6 nach der Follikelpunktion auch eine bessere Synchronisation zwischen Gebärmutterschleimhaut und Embryoentwicklung gegeben.
Durch die Entwicklung von neuen Kulturflüssigkeiten, die den wechselnden Nährstoffansprüchen der einzelnen Entwicklungsstadien Rechnung tragen, ist die Kultur bis zur Blastozyste möglich geworden. So kann die Beurteilung der Entwicklungsfähigkeit eines Embryos unter dem Mikroskop zu diesem Zeitpunkt erfolgen. Der späte Beurteilungszeitpunkt am Tag 5 oder 6 verbessert die Treffsicherheit bei der Wahl der entwicklungsfähigen Embryonen: bei verlängerter Kultur wirken Mechanismen der „Selbstauswahl“. Nicht entwicklungsfähige Embryonen werden durch Wachstumsverzögerung gut erkennbar. Die Zahl der befruchteten Eizellen und Embryonen, die bis zu diesem Zeitpunkt beobachtet werden sollen (d.h. die benötigte Zahl der Befruchtungsversuche), wird nach individuellen Prognosekriterien wie Alter der Patientin, Anzahl der Vorversuche und Bewertungsparameter der Eizellen und Vorkernstadien (SpindleView, Vorkern-Score) festgelegt.
Es soll nur die von dem Paar gewünschte Anzahl an entwicklungsfähigen Embryonen, d.h. zwei oder drei, entstehen, die dann in diesem Versuch übertragen werden. Überzählige entwicklungsfähige Embryonen sollten möglichst nicht entstehen. Wenn sie in seltenen Einzelfällen dennoch vorhanden sind, sollen sie vitrifiziert (tiefgefroren) und in einem Folgezyklus übertragen werden (Juristischer Kommentar zum Embryonenschutzgesetz, Günther/Taupitz/Kaiser, 2008).
In diesem Umstand besteht der einzige Unterschied zu einigen benachbarten europäischen Ländern, in denen eine Vorratshaltung von Embryonen toleriert wird. Bei Durchführung eines Blastozystentransfers sind auch in Deutschland Schwangerschaftsraten von über 50% pro Versuch erreichbar. In Deutschland ist somit nicht nur ein hoher medizinischer Behandlungsstandard gewährleistet, sondern auch ein maximaler Schutz der Embryonen vor Missbrauch.
Nach unserer Erfahrung haben viele Paare bereits große Bedenken, nach abgeschlossener Familienplanung noch vorhandene befruchtete Eizellen, die noch nicht einem Embryo entsprechen, zu verwerfen. Dies würde umso mehr für eingefrorene Embryonen gelten, die bei einer Vorratshaltung in der Regel anfallen.
IMSI (Intracytoplasmatische morphologisch selektierte Spermieninjektion zur Auswahl von unauffälligen befruchtungsfähigen Spermien)